Dias und Negative schnell digitalisieren

 

Checkliste und Voreinstellungen

 

Belichtung

Moderne DSLR Kameras können den gesamten Kontrastumfang eines Dias umfassen.

Für jede Aufnahme ist sicherzustellen, dass diese korrekt belichtet wird.

Was bedeutet das genau?

Die Kunst liegt darin, möglichst viele Farbtöne der Vorlage originalgetreu und innerhalb des durch die Kamera verwendbaren Bereichs abzubilden.
Die Vorlagen sind unterschiedlich hell (in Fachkreisen spricht man von „Dichte“), daher muss häufig die Belichtung angepasst werden. Da die Blende und ISO-Empfindlichkeit auf feste Werte eingestellt sind, kann die Belichtung lediglich über die Verschlusszeit gesteuert werden. Es ist sehr komfortabel, wenn die Kamera dabei über eine Zeitautomatik "A" verfügt.

Das Histogramm liefert uns hier eine hervorragende Kontrollmöglichkeit.

 

Das alleine ist aber noch nicht das Optimum. Es ist bekannt, dass Sensoren helle Bildpartien besser auflösen und dort weniger rauschen, als in dunklen Bildpartien. Im Umkehrschluss bedeutet es, dass es vorteilhaft ist, im hellen Abbildungsbereich des Sensors zu arbeiten.

Das bestmögliche Ergebnis erhält man also, wenn alle „Helligkeitsabstufungen“ der Vorlage innerhalb des Kontrastumfangs der Kamera abgebildet werden UND man gleichzeitig den hellsten Punkt so weit wie möglich im hellen Bereich platziert. Bildlich gesprochen, bedeutet es im Histogramm „möglichst weit rechts“, man spricht dabei von "Exposure to the right".

Das gilt sogar für dunkle, absichtlich unterbelichtete Vorlagen. Abfotografiert erscheinen diese zunächst zu hell. Es ist kein Problem diese später per Software wieder auf den ursprünglichen Wert abzudunkeln, denn es gingen bei der Digitalisierung keine Information verloren (Erinnerung: der Sensor arbeitet im hellen Bereich besser als im dunklen).

Wichtig: eine gänzlich über- oder unterbelichtete Aufnahme kann nicht mehr gerettet werden!

Das "white clipping", das unmittelbare Angrenzen an die äußerste Kante, sollte unbedingt vermieden werden. Die Überbelichteten Stellen werden im Histogramm häufig blinkend dargestellt. Die Informationen sind in diesen Bereichen gänzlich verloren, bzw. es liegt das Maximum oder Minimum an Helligkeit vor.

Ein unterbelichtetes Foto, das später per Software aufgehellt wird, beinhaltet weniger Informationen, d.h. es zeigt weniger Dynamik, keine Zeichnung in Schatten (dunklen Bildpartien) und stärkeres Bildrauschen.
Ebenso verfügt ein überbelichtetes Foto nach Anpassung über weniger Tonwerte, ausgefressene Lichter und keine Zeichnung in den Lichtern. Lücken im Histogramm sind suboptimal, die Fotos zeigen dann häufig abgerissene Farbverläufe. Im Histogramm sind Lücken zu sehen.

Falls die Dias mit einem kleinen Reserverand abfotografiert werden, wird der Rand in der Regel ein „black clipping“ aufweisen. Das stört nicht weiter, da der Diarahmen keine relevanten Bildteile enthält.

Im Schnitt erreiche ich mit meiner Kamera das Optimum mit einer Korrektur von +0,7 EV. Je nach Dia kann es aber sein, dass die Vorlage gar keine (+0,0 EV) oder eine noch stärkere (+1,5 EV) Korrektur benötigt.

 

Bei Bedarf, kann das letzte Quantchen Zeichnung aus den Lichtern und Schatten herausgeholt werden, indem zusätzlich auf die Mehrfachbelichtung zurückgegriffen wird. Dabei werden mehrere Bilder gemacht (in der Regel ein normal, ein leicht über- und ein leicht unterbelichtetes Bild), die später per Software zu einem Bild zusammengefügt werden. Stichwort: Picture Stacking.

Diese Technik stammt ebenfalls aus der Analog-Zeit und wird in der Digitalfotografie wieder aufgegriffen, teilweise sogar direkt in die Kameragehäuse integriert, wobei sich die Effekt-Stärke beliebig steuern lässt.

Ich verzichte konsequent auf diese Technik, da diese Bilder für mich stets "unnatürlich" aussehen. Sie entsprechen nicht dem gewohnten Bildempfinden. Stattdessen versuche ich auf dem Monitor den gleichen Bildeindruck zu erzielen, den das Dia zuvor auf der Leinwand erzeugt hat.

 

Farbeinstellung

Mein Ziel:

1. Das Erreichen des gleichen Farbeindrucks, den das Auge beim Betrachten des Dias mit einem normalen Diaprojektor gewinnt. Sprich, war eine Bilderserie "warm" bzw. "rotstichig", so wollte ich genau die gleiche Version auf dem Monitor haben, so als würden die Dias mit dem Diaprojektor präsentiert werden.

2. Zeitgleich wollte ich die Möglichkeit offen halten, eine Farb- und Tonwertkorrektur vorzunehmen und das eine oder andere Dia aufwändig zu restaurieren.

zu 1: Der erste Punkt wird dem in der Kamera „entwickelten“ Jpg in Verbindung mit dem manuellen Weißabgleich erreicht. Die Kamera wird (ohne Dia) auf den Farbtemperaturwert der Lichtquelle eingemessen, oder, der Farbtemperaturwert der Lichtquelle ist bekannt und kann manuell eingegeben werden.

zu 2: Für den zweiten Punkt eignet sich hervorragend das RAW- bzw. Rohformat. Hier braucht man sich während der Digitalisierens nicht um Farbräume, Farbtemperaturen oder Kontraststeuerung kümmern. Diese Einstellungen werden erst am Computer vorgenommen und mittels PC wird ein JPG entwickelt. Vereinfacht gesagt, eignet sich RAW-Ausgangsmaterial grundsätzlich besser für Nachbearbeitung, da es größere Reserven bietet. Die Ergebnisse moderner Entwicklungsmodule (z.B. Adobe Photoshop Lightroom, DxO, Aperture, Bibble, usw) sind in der Regel deutlich besser, als die in der Kamera implementierte JPG-Engine.

 

Es ist ideal, wenn die Kamera die Möglichkeit bietet, das aufgenommene Foto gleichzeitig in zwei Formaten zu speichern. Somit kann ich während der RAW-Entwicklung noch auf das JPG-Bild zurückgreifen und überprüfen, wie das Bild in etwa im Original aussah (eventueller Farbstich), oder, ich setze einen gänzlich eigenen Farbtemperaturwert, so dass das bearbeitete Bild erscheint, als wäre es gestern erst aufgenommen worden.

Darüberhinaus kann man für die Farbabstimmung auch einfach den automatischen Weißabgleich (AWB) verwenden und gänzlich der Kamera vertrauen. Alte, vergilbte Dias können so ohne Nachbearbeitung am PC automatisch durch die Kamera farbkorrigiert werden. Davon rate ich allerdings ab: es besteht die Gefahr, dass beispielsweise die Wärme von Sonnenuntergangsfotos als Farbstich erkannt und gänzlich kompensiert wird. Es bringt erhebliche Qualitätsnachteile, solche „kaputtoptimierten“ JPGs nochmals zu bearbeiten.

 

Blende

Die Blende wird auf den Wert eingestellt, bei dem das Objektiv seine höchste Leistung liefert. Als Fautsregel gilt eine Abblendung um 2 bis 3 Blenden. Mein 100mm / 2.8 Makro erreicht die höchste Schärfe bei Blende 6,7.

 

Kontrastoptimierung

Eine Kontrastoptimierung DR(+) kann die Bildqualität verbessern (hellt dunkle Bereiche auf). Das ist je nach Vorlage zu entscheiden. Ich verwende diese Funktion ohne Bedenken, da sie sich nur auf die JPG Bilder auswirkt und die RAW-Versionen unangetastet belässt.

 

ISO-Empfindlichkeit

Da wir uns keine Sorgen um längere Belichtungszeiten machen müssen (Kamera auf einem stabilen Stativ oder Reproarm), wird der ISO-Wert idealerweise auf die Grundempfindlichkeit der Kamera eingestellt. Das ist erfahrungsgemäß der kleinste Wert, also 50 bis 200 ISO.

 

Bildstabilisator

Über den Sinn und Unsinn eines Bildstabilisators in Verbindung mit einem Stativ, werden unzählige Diskussionen geführt.
Ich schalte diesen beim Digitalisieren als auch bei Stativaufnahmen aus, so wie es das Handbuch empfiehlt. Vor allem wenn ich sicher sein kann, dass das Stativ in der Lage ist, die Kamera stabil zu halten. Bei meiner Installation konnte ich trotz mehrerer Versuchsreihen keinen Unterschied zwischen stabilisierten und nicht-stabilisierten Aufnahmen nachweisen.

 

Die Vorlagen

Um bestmögliche Bildqualität zu erzielen, verwende ich ausschließlich glaslose Diarähmen.

Glasrähmchen haben viele Nachteile:
- Beim Digitalisieren können aufgrund der zusätzlichen Glasflächen störende Spiegelungen entstehen
- Eingeschlossene Verunreinigungen oder Staub zwischen Film und Glas lassen sich nur mühsam entfernen. Das Rähmchen muss fummelig geöffnet werden.
- Beim Kontakt der glatten Filmseite mit einfachem Glas bilden sich so genannte „Newtonsche Ringe“. Diese Störungen lassen sich mit keiner Software entfernen.
- Bei Verwendung von Anti-Newton-Glas, werden die Newtonschen Ringe vermieden. Allerdings geschieht das auf Kosten der Schärfe und Kontrast, da dieses Glas leicht diffus ist.
- Mit der Zeit kann sich der Film mit dem Glas verkleben und das Dia gänzlich zerstören.
- Das Einrahmen nimmt sehr viel Zeit in Anspruch (man muss 2 zusätzliche Glasflächen beidseitig reinigen).

Vorteile:
- Die zwischen Glas eingeschlossenen Dias sind plan.
- Schutz des Dias vor rauem Umgang (wobei letzteres grundsätzlich dem angemessen Umgang mit Dias widerspricht).

Den wenigen Vorteil en der Glasrähmchen, stehen viele Nachteile gegenüber. Je nach Zustand der Vorlagen (z.B. Staubeinschlüsse), ist es eventuell sinnvoll, die in Glas gerahmten Dias vor der Digitalisierung, in glaslose Rähmchen umzurahmen. Falls darüber hinaus eine lange Archivierung geplant ist, stellt man dadurch sicher, dass das Filmmaterial nicht verklebt.

Beim Abfotografieren von KB-Negativstreifen verwende ich eine glaslose Filmbühne. Vorausgesetzt, das Filmmaterial wölbt sich nicht. Bei leicht gewölbtem Material (weniger als 1mm) erhöhe ich den Blendenwert geringfügig, damit die Schärfe die gesamte Vorlage erfasst. Zu hohe Blendenwerte sind zu vermeiden, durch die Lichtbeugung tritt eine deutliche Bildverschlechterung auf. Grober Richtwert: unterhalb von Blende 11 bei Vollformat (bzw. Blende 8 bei APS-C) sind keine nennenswerten Einbußen durch die Lichtbeugung sichtbar.

Problematische Vorlagen

Sollte das Filmmaterial stark gewölbt sein (z.B. jahrelang in Filmdosen aufbewahrte, zusammengerollte Filme) und trotz Filmbühne nicht plan liegen, ist eine Filmbühne mit Glaseinsätzen notwendig, um die Vorlage plan zu drücken. Hierbei ist die korrekte Ausrichtung zu beachten. Die reliefartige Filmseite sollte mit dem glattem Glas in Kontakt treten, die glatte Filmseite dagegen mit Anti-Newton-Glas.

Tipp: Die durch das AN-Glas erzeugte leichte Unschärfe lässt sich verkleinern, in dem das AN-Glas zwischen der Vorlage und Lichtquelle verwendet wird und auf der anderen Seite, also zwischen Kamera und Vorlage, das normale Glas - siehe Darstellung. Die Vorlage wird dann zwar seitenverkehrt abgebildet, das Bild läßt sich am Rechner ohne Qualitätsverlust spiegeln.

Generell sind für eine größtmögliche Qualität alle überflüssigen Glas-Luft-Brüche zu vermeiden.

 

Staubentfernung

Die gesamte Arbeitsfläche sollte natürlich möglichst sauber und nicht verstaubt sein. Manchmal hat man das Gefühl, dass Dias magisch Staub anziehen, insbesondere die, die man gerade erst gereinigt hat. Ein Grund könnte elektrostatische Aufladung sein, doch die Wirkung der ehemals vielbeworbenen Antistatiktücher ist fraglich.

Was das hier vorgestellte Verfahren nicht leisten kann, ist die automatische hardwaremäßige Staub- und Kratzerentfernung, wie sie von vielen heutigen Filmscannerm angeboten wird. Die Bildkorrekturfunktionen, die ich bei den Flachbett- und Filmscannern bisher gesehen habe, funktionieren unterschiedlich gut. Vor allem die günstigen Lösungen greifen häufig viel zu stark ein und mindern die Bildschärfe. Gute Lösungen arbeiten besser, sind aber meist langsam und an teure Lizenzen gebunden. In jeden Fall geht bei der automatischen Staub- und Kratzerentfernung etwas Bildschärfe verloren.

Meine Lösung ist ein starker, talkfreier Blasebalgen:

Dieser vertreibt auf Anhieb „gefühle“ 99% der Staubkörnchen. Der minimale Rest, sollte dieser tatsächlich beim Betrachten der Bilder stören, kann mit einem Fotoprogramm weggestempelt werden

Für den Großteil meiner Vorlagen entsteht daraus überhaupt kein Nachteil, da es sich um Schwarzweißaufnahmen handelt. Die automatische Staubentfernung (z.B. ICE/FARE) der Flachbettscanner funktioniert nur mit Farbnegativen, nicht mit Schwarzweißnegativen!

 

Speicherplatz

Nicht zuletzt sollte man über die resultierende Dateimenge nachdenken und diese nicht unterschätzen.

Ich setze unterschiedliche Kameras zur Digitalisierung ein.

Die APS-C Kamera mit 10,2 Megapixeln erzeugt beispielsweise im Schnitt die folgende Datenmenge:

1 Farbdia = ein unkomprimiertes RAW mit ca. 10 MB + ein Fine JPG mit ca. 4 MB = ca. 14 MB

1 Farbdia - 14 MB
10 Farbdias - 140 MB
100 Farbdias - 1,4 GB
1.000 Farbdias - 14 GB

Oder anders ausgedrückt: auf einen DVD-Rohling passen ca. 300 Dias im JPG und RAW-Format.

 

Die Vollformat DSLR mit 24,6 Megapixeln erzeugt:

1 Farbdia = ein unkomprimiertes RAW mit ca. 37 MB + ein Extrafine JPG mit ca. 16 MB = ca. 53 MB

1 Farbdia - 53 MB
10 Farbdias - 530 MB
100 Farbdias - 5,3 GB
1.000 Farbdias - 53 GB

Eine Diabox (2x 36 Dias) belegt also bei höchstmöglicher Auflösung (RAW+JPG) ca. 3,8 GB Daten, sprich in etwa einen DVD Rohling.

 

Sicherung

Neben dem Speicherplatz, sollte ein zuverlässiges Backupverfahren eingerichtet werden. Auf Festplatten gespeicherte Daten können leichter verloren gehen, als man annimmt: magnetische und elektrostatische Einflüsse, Stöße, Wasserschäden, Viren oder Systemfehler. Daten auf externen wiederbeschreibbaren Datenträgern (Speicherkarten, USB-Sticks, RW-Medien) können versehentlich überschrieben oder gelöscht werden.

Neben der Speicherung auf dem PC, wo die Dateien bearbeitet und angezeigt werden, empfiehlt es sich, die Dateien zusätzlich auf CD-/ DVD- oder Bluray-Rohlinge zu brennen und sicher aufzubewahren. Oftmals ist das der einzige Rettungsanker, auf den zurückgegriffen werden kann, wenn mal ein System kaputt gegangen ist.

Trotz abgeschlossener Digitalisierung und Backupverfahren, rate ich auf keinen Fall dazu, die Originale zu entsorgen! Es ist ungewiss, ob in 10 oder 20 Jahren möglicherweise Scanner auf den Markt kommen, die ein noch besseres Digitalisierungsergebnis liefern und so einfach und schnell zu bedienen sind, wie ein Diaprojektor. Da kann es sich lohnen, auf das Originalmaterial zurückgreifen zu können.

Bei Platzmangel können die Diakästen problemlos im Keller oder auf dem Dachboden eingelagert werden, so lange dieser trocken und nicht staubig ist. Notfalls können die Diakästen vorübergehend luftdicht (z.B. Gefrierbeutel + Klammer) verpackt und eingelagert werden. Bei guter Lagerung, werden die Vorlagen auch in 10 oder 20 Jahren noch brauchbar sein.

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